21.11.12

DDR, RAF, DKP, Spitzel - die Rheinische Post dreht durch

Als Krimiautor finde ich es ja gut, wenn Kollegen eine blühende Phantasie haben und sich haarsträubende Plots ausdenken. Aber was heute in der Rheinischen Post als realistische Geschichte zu lesen ist, übertrifft die kühnsten Vorstellungen. Schon die Überschrift packt zusammen, was nicht zusammengehört: "V-Mann: DDR finanzierte RAF in Düsseldorf".

Die Zutaten: Ein enttäuschter Spitzel der Staatsschutz-Abteilung der Düsseldorfer Polizei, die Hausbesetzer-Szene in der Kiefernstrasse, die RAF, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) mit ihrer Zentrale in der Prinz-Georg-Strasse, verschiedene DDR-Außenhandelsfirmen und natürlich die Stasi.

Die Kurzfassung der fast ganzseitigen Story: Mit Geldern aus den DDR-Betrieben wird über viele Jahre die Arbeit der DKP finanziert (das darf als gesichert gelten), die läuft dann mit der Kohle zu den Hausbesetzern in der Kiefernstrasse und unterstützt damit die dort untergeschlüpften RAF-Terroristen. Haarsträubende Behauptungen, ohne jede Spur eines Beweises.

Der Staatsschutz-Spitzel kriegt das alles raus, aber niemand glaubt ihm. Auch der Verfassungsschutz will ihm seinen Traum "in eine bessere Gehaltklasse aufzurücken" nicht erfüllen. Da fährt er dann nach Ostberlin ("wo er eine Frau kennenlernte"), lässt sich von der Stasi 500 DM Reisekosten auszahlen und wird damit "am nächsten Tag beim Verfassungsschutz vorstellig". Doch der hängt ihm zum Dank ein Verfahren wegen Agententätigkeit an.

Das einzig Vernünftige an dem Artikel in der Rheinischen Post ist der deutliche Rat des enttäuschten und schwer herzkranken Rentners aus Düsseldorf: "Ich kann nur jeden Menschen davor warnen, sich mit diesen Behörden auf einen Deal einzulassen". Wo er Recht hat, hat er Recht. 

10.08.12

Störtebeker-Abgabe: Eine originelle Idee

Der Stern der Piraten (gemeint ist die gleichnamige Partei!) scheint ja wieder im Sinken zu sein. Aber trotzdem bedienen sich die anderen Parteien zunehmend bei ihrem Vokabular. So kündete jetzt Linken-Vorsitzender Bernd Riexinger an: „Wir ziehen mit der Störtebeker-Abgabe in den Wahlkampf und werden das auch nach der Wahl zur Bedingung machen“.

Gemeint ist damit - wie das Blog Lafontaines Linke heute schreibt - eine Reichenabgabe, wie sie gerade vom Netzwerk Attac vorgestellt wurde: Nach deren „Konzept für eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe“ sollen die reichsten Europäer bis zu 80 Prozent ihres Vermögens erübrigen. Im Schnitt würde auf diese Weise ein Prozent der Gesellschaft mit durchschnittliche 50 Prozent belastet. „Das täte niemandem weh und wäre ein Beitrag zu größerer Verteilungsgerechtigkeit“, heißt es bei Attac - gerechnet wird mit europaweiten Einnahmen von etwa vier Billionen Euro.

Eine charmante Idee und auch den Begriff finde ich natürlich klasse. Dabei ist mir aufgefallen, dass mein Rügen-Krimi "Aktion Störtebeker" nicht an Aktualität eingebüsst hat und eigentlich ganz gut zur Bundestagswahl 2013 passt. Angela Merkel ist immer noch Bundeskanzlerin und kandididiert wieder auf Rügen und in Stralsund fürs Berliner Parlament. Dass die Neonazis vor nichts zurückschrecken, wissen wir spätestens seit der NSU-Mordserie. Und auch die deutschen Dschihadisten (jetzt gerne auch "Salafisten" genannten) treiben weiter ihr Unwesen. Nur die Störtebeker-Festspiele auf Rügen haben ab der nächsten Saison einen neuen Intendanten: Sascha Gluth, bisher strahlender Held des Epos als Störtebeker.

Wer das Buch noch nicht kennt, dem sei es vor diesem Hintergrund noch mal nachdrücklich ans Herz gelegt. Es kann online und in allen Buchhandlungen bestellt werden, außerdem ist es als eBook zum sofortigen Download verfügbar. Die "Störtebeker-Abgabe" passt auf jeden Fall ganz gut ins Bild. Hat doch schon der DDR-Arbeiterdichter Kurt Bartel (Kuba)  in seiner Störtebeker-Ballade geschrieben ""Likedeeler, Likedeeler, das sind heute wir".

15.11.11

Neonazi-Terror: Passiert jetzt endlich was?

Ich habe ja schon länger nicht mehr gebloggt und zu der braunen Terrorzelle, die derzeit für Schlagzeilen sorgt, ist ja inzwischen auch (fast) alles gesagt. Manchmal ist das reale Leben viel schlimmer als die kühnste Autorenphantasie. Wenn man sich dieses zynische Bekenner-Video anschaut, das der "Spiegel" gestern auszugsweise veröffentlicht hat, gefriert einem das Blut in den Adern. Da sind die neonazistischen Skinheads, die in "Aktion Störtebeker" ihr Unwesen treiben, ja wirklich Waisenknaben dagegen.

Viele Fragen bleiben natürlich offen und auch Medien, die bisher die rechte Gewalt eher verharmlost oder als Verbrechen von Einzeltätern hingestellt haben, scheinen ins Nachdenken zu kommen. So schreibt die "Financial Times Deutschland" heute unter der Überschrift "Unterschätzen und Verharmlosen":
Wegschauen, verharmlosen, verniedlichen scheint an der Tagesordnung. Die Enthüllungen werfen ein Schlaglicht auf den Umgang der Ermittler mit rechter Gewalt. Offenbar wird sie unterschätzt. Das zeigt auch eine Statistik der Bundesregierung. Laut ihren Zahlen wurden seit der Wende mindestens 48 Personen von Neonazis getötet. Nach Recherchen der „Zeit“ und des Berliner „Tagesspiegels“ starben jedoch mindestens 138 Menschen. Ein Grund für die Diskrepanz: Ob eine Tat als politisch motiviert eingestuft wird, liegt im Ermessen des einzelnen Polizisten oder Richters vor Ort. 
Fast stündlich tauchen neue Hinweise auf ein organisiertes Neonazi-Untergrundnetzwerk auf: Seien es die Spuren nach Mecklenburg-Vorpommern oder der "Kleine Adolf" vom hessischen Verfassungsbruchschutz. Dieser Sumpf ist unglaublich. Hoffen wir, dass durch die Untersuchungen und investigative Journalisten wenigstens jetzt ein paar dieser Schweinereien ans Licht kommen.

31.07.11

So bekloppt kann doch kein Terrorist sein

Das ist wieder ein gefundenes Fressen für die selbst ernannten Terrorismusexperten in den Medien, die sich nach den Attentaten von Oslo nicht gerade mir Ruhm bekleckert haben. Nach einem Bericht des britischen Boulevardblattes Sun wurden die beiden zum Islam konvertierten Solinger Robert Baum (23) und Christian David Emde (28) am 15. Juli in Dover von der Grenzpolizei festgenommen. Diese sei vorher von den deutschen Sicherheitsbehörden entsprechend informiert worden.

Laut Polizeiangaben hatten sie in ihrem Gepäck "Computer und Speichermedien, auf denen sich Informationen mit Bezug zu internationalem Terrorismus befanden". So den Aufsatz „39 ways to support jihad“ (39 Wege zur Unterstützung des Dschihad) des radikalen Predigers Anwar al-Awlaki, die Bombenbau-Anleitung „How to make a bomb in the kitchen of your mother“ oder der Text "Destroying buildings“ (Gebäude zerstören) aus dem Al-Kaida-Hochglanz-Magazin Inspire.

Der Staatsanwalt sprach von einer "ernsthaften terroristischen Bedrohung" und bezeichnete die Aussage der beiden als unglaubwürdig, sie haben ursprünglich von Brüssel nach Kairo fliegen wollen. Da die dortigen Flüge zu teuer gewesen seien, seien sie nach Dover gekommen. Als besonders verdächtig gilt auch, dass der eine der beiden Männer aus Solingen im Internet unter dem Tarnnamen "Abdul M." unterwegs war.

Aber wie bescheuert müssen die beiden mutmaßlichen Islamisten wohl sein, dass sie offen im Internet zugängliches Material auf ihre Festplatten ziehen und sich damit bei einer Grenzkontrolle erwischen lassen? Wenn sie das tatsächlich zur Anschlagsvorbereitung brauchen, hätte doch der Besuch in jedem beliebigen Internet-Cafe ausgereicht. Vermutlich ist es so, wie xtranews unter der Überschrift "Die Presse braucht Terroristen – die Presse bekommt Terroristen" schreibt. Schließlich gibt es gerade in Großbritannien zur Zeit genug Skandale, von denen dringend abgelenkt werden muß.



04.03.11

Open-Source-Dschihad und stärkere Facebook-Kontrollen

Kaum ist nach mehreren Monaten die höchste Terrorwarnstufe in Deutschlan still und leise zurückgefahren worden, passiert auch schon ein Anschlag. Gänzlich unerwartet, verübt offenbar von einem Einzeltäter mit islamistischen Hintergrund. Nur einer Ladehemmung seiner Pistole ist es zu verdanken, dass nicht noch mehr US-Militärpolizisten in dem Bus sterben mußten. Auch ein noch so großes Polizeiaufgebot vor Airports oder Bahnhöfen kann solch ein Attentat verhindern, dass in der Islamisten-Gazette "Inspire" als "Open-Source-Dschihad" propagiert wird. Denn die Vorbereitung spielt sich im stillen Kämmerlein ab und nur der Zufall könnte einem solchen Gotteskrieger einen Strich durch die blutige Rechnung machen.


Doch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sieht das anders. Weil der junge Kosovare Arid Uka auch eine Facebook-Seite hatte, auf der er Kontakte zu anderen Islamisten pflegte, forderte Bosbach jetzt die stärkere Überprüfung der sozialen Netzwerke:
"Viele sicherheitsrelante Informationen sind in sozialen Netzwerken im Internet gespeichert. An neuralgischen Arbeitsplätzen wie Flughäfen müssen auch die sozialen Netzwerke im Internet der Mitarbeiter überprüft werden."
Einmal ganz davon abgesehen, dass die Suche nach der Nadel im Heuhaufen Geheimdienste und Polizei alleine wegen der schieren Masse an meist belanglosen Informationen überfordern dürfte, stellt sich die Frage nach dem Sinn einer solchen Aktion. Denn "Abu Reyyan", so das Facebook-Fake-Profil des Frankfurter Todesschützen, hat dort wohl kaum hinterlassen, dass er auf der Flughafen-Post arbeitet und einen Überfall auf US-Militärpersonal plant. Nicht mal seinen richtigen Namen hätte man durch eine flächendeckende Facebook-Überwachung wahrscheinlich herausgefunden. 

16.02.11

Gehörte "Pulver-Kurt" zur Nato-Geheimarmee Gladio?

"Arte" zeigt heute Abend (16. Februar 2011, 20.15 Uhr) den spannenden Dokumentarfilm "Gladio - Geheimarmeen in Europa" (D 2010). Der Fernsehsender schreibt dazu in seiner Ankündigung:
1969 starben in Mailand 16 Menschen bei einem Bombenanschlag, im August 1980 detoniert eine Bombe im Bahnhof Central in Bologna; 85 Menschen sterben. Im Oktober 1980 kommen 13 Menschen auf dem Münchner Oktoberfest durch einen Bombenanschlag eines angeblichen Einzeltäters ums Leben. Im Lauf der Jahre häufen sich die Indizien, dass diese Anschläge in einem bestimmten Zusammenhang stehen: Alle Täter kommen aus dem Umfeld neofaschistischer rechtsradikaler Gruppen, mehrfach wird militärischer Sprengstoff benutzt. Die Spuren führen zu einer geheimen Struktur, koordiniert von der NATO und den nationalen Geheimdiensten - ohne parlamentarische Kontrolle. Ihr Name: "Gladio". Trotz massiver Behinderung durch Geheimdienste und Behörden gelingt es, die Existenz von Gladio nachzuweisen. Obwohl es Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Gladio und dem Attentat auf das Münchner Oktoberfest von 1980 gibt, werden die Ermittlungen eingestellt. 
Inzwischen mehren sich die Gerüchte, dass auch das kürzlich im rheinland-pfälzischen Becherbach entdeckte Waffenlager mit der NATO-Geheimarmee zu tun haben könnte. Maschinengewehre, Pistolen – insgesamt 70 Waffen mit rund 120 000 Schuss Munition - und bis zu 60 Kilogramm Sprengstoff waren in Scheune und Haus des 62-jährigen Rentners "Pulver-Kurt" entdeckt worden. Ein harmloser Spinner war der Ex-Soldat, der bei Kriegsspielübungen schon mals in SS-Uniform auftauchte, ganz sicher nicht.

Hier schon mal eine kleine Einstimmung auf den Arte-Film:

20.01.11

Wie sprenge ich ein Haus? Dschihadisten-Magazin veröffentlicht Anleitung

Dass die islamistischen Gotteskrieger PR-mäßig durchaus auf der Höhe der Zeit sind, hatte ich hier schon öfters erwähnt. Jetzt ist die vierte Ausgabe ihres Hochglanzmagazins "Inspire" erschienen (Download als PDF).

Neben all den Propagandaphrasen enthält es auch eine detaillierte Anleitung für den Hobby-Dschihadisten, wie man ein Wohnhaus in die Luft sprengt. Ansonsten wird der Stockholm-Bomber Taimour Abdulwahhab gefeiert und die Leser darum gebeten, "hilfreiche Informationen" aus dem WikiLeaks-Datenfundus herauszusuchen.
  
Mit Abenteuer und Spass hat das Gotteskrieger-Dasein allerdings nur wenig zu tun. Wie auch die Meldung zeigt, dass der Bonner Bekkay Harrach, der im Herbst 2009 im Namen al-Qaidas per Video Anschläge in Deutschland angedroht hatte, nach offiziellen IBU-Angaben in einem Gefecht in Bagram in Afghanistan getötet worden ist.