18.01.09

"Al Hafidh Abu Talha - Der Deutsche": Fake-Video oder blutiger Ernst?

Passend zu dem Selbstmordanschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul vom Samstag taucht jetzt plötzlich ein YouTube-Video aus dem vergangenen Herbst in den Medien auf (Details dazu im Datenwachschutzblog).

Wer ist dieser maskierte Mann, der sich "Al Hafidh Abu Talha - Der Deutsche" nennt und vor der Kamera mit einer russischen Panzerfaust RPG-7 possiert? Über die Fußball-EM und abgeschlagene Ballak-Köpfe schwadroniert er auf deutsch ebenso wie über die aktuelle Finanzkrise und die Bundeswehreinsätze in Afghanistan. Ist das Ganze nur ein Fake oder gibt es den deutschsprachigen Taliban, der nach eigenen Worten "seit 1993 den Wunsch hat, sich für Allah in die Luft zu sprengen" wirklich?

"Eure Soldaten sind nirgends sicher", warnt der Vermummte in dem al-Qaida-Werbefilm mit dem Titel "Germany's Rescue Plan" (Rettungsplan für Deutschland) und fordert den Abzug der Bundeswehr vom Hindukusch, da der Krieg dort eh nicht zu gewinnen sei. Angeblich hat er bereits im Irak gekämpft und sollte auch vom Verfassungsschutz angeworben werden. Das dreiteilige Video ist mit arabischen Untertiteln und dem Logo von As Sahab unterlegt - einer Organisation, die bereits mehrfach Al-Qaida-Filme produziert hat.


Das Bundesinnenministerium nimmt die Sache offensichtlich ernst und erklärte dazu heute:

"Den deutschen Sicherheitsbehörden ist das Video bekannt. Es wird derzeit ausgewertet. Seine Diktion bestätigt erneut die Einschätzung der Sicherheitsbehörden, dass sich Deutschland im Zielspektrum des islamistischen Terrorismus befindet."
Wenn er tatsächlich von einem Verfassungsschutzmitarbeiter kontaktiert worden ist, dessen (Tarn)name "Thilo Karov" der Vermummte im Video nennt, sollte seine Identität ja wohl schnell herauszubekommen sein. Oder ist das Ganze eine Geheimdienst-Aktion, um die Angst im Land zu schüren?

Dieser Film und sein Inhalt passt ganz gut zu meinem Regional-Krimi "Aktion Störtebeker", wo ja ein Anschlag auf die neue Rügen-Brücke geplant wird und auch eine RPG-7 zum Einsatz kommen soll (die der Mann übrigens in dem Film tatsächlich vor laufender Kamera abfeuert). Islamistische Terroristen können da durchaus hinter den Angriffen stecken - mehr kann ich leider jetzt noch nicht verraten.

Aber ich muss gestehen: Mit einem solchen Video Werbung für meinen Krimi zu machen, käme mir dann doch nicht in Sinn - auch wenn der PR-Effekt sicher ziemlich groß wäre. Aber dazu ist das Thema viel zu ernst.

Nachtrag:
Inzwischen hat das Bundeskriminalamt den Dschihadisten, der im Video ständig drohend seinen Zeigefinger reckt, nach eigenen Angaben identifiziert. Demnach verließ er in der ersten Hälfte des Jahres 2007 Deutschland und ließ sich in einem Ausbildungslager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet zum bewaffneten Gotteskrieger ausbilden. Der Mann soll außerdem Kontakte zu Führungskreisen von al-Qaida haben. Zum Video sagte BKA-Sprecher Christian Brockert: „Wir halten es für authentisch.“ Gegen Deutschland werde eine erhebliche Drohkulisse aufgebaut. Auffällig sei der detaillierte deutsche Bezug und die explizite Nennung des deutschen Afghanistan-Engagements.

Bei dem Vermummten soll es sich um Bekkay Harrach handeln, der 1977 in Marokko geboren wurde, aber schon länger im Rheinland lebte. Er ist in Bonn aufgewachsen, war Student der Mathematik und hat einen deutschen Pass. Deutschen Sicherheitskreisen soll er unter dem Kampfnamen "Abu Talha al-Maghribi" bekannt sein, was "der Marokkaner" oder "der Maghrebiner" bedeutet. Er stand in Bonn schon lange unter Beobachtung, weil er sich in radikal-islamischen Kreisen tummelte. Dann tauchte er plötzlich 2007 im Grenzgebiet Pakistan/Afghanistan auf, wo wohl auch das Drohvideo entstand. Angeblich soll er dort eine Ausbildung in einem Trainingslager von al-Qaida durchlaufen haben und heute zu deren Führung gehören.

Eine Analyse des Videos gibt es auch im Sicherheitsblog.







13.01.09

Online-Regionalkrimis aus den Monopolen: Autoren gesucht


Noch ein interessantes Experiment: Hinter pulp: verbergen sich "location-based Kurzkrimis, die Städte anhand von historischen Denkmalen und verborgenen Orten erkunden". Den Anfang macht Wien. Durch ein Klick auf die einzelnen Bilder oben wird man durch die Stadt geführt.

Für andere Metropolen sucht der Herausgeber noch AutorInnen:
London, Berlin, Barcelona, Paris, Cape Town, Shanghai, Tokyo, Miami, Sao Paolo…and more!

We’re looking for individuals who are culturally interested and involved—someone with whom we can share our knowledge and enthusiasm for art, design, travel, food, and fashion—all through the lens of 15,000-word location-based crime novellas. Please send writing samples, resume, and a short cover letter about why you’d like to write the next Pulp story to leah@unlike.net



09.01.09

SOKO Leipzig: Wissenswertes aus der DDR-Geschichte

Eine spannende und ungewöhnliche Vater-Sohn-Geschichte war das 90-Minuten-Special "Verloren in Afrika" der SOKO Leipzig, das ich mir gerade angeschaut habe. "Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade auch im Rahmen des populären Krimigenres, immer wieder auch Wissenswertes aus der Geschichte der DDR und aus dem heutigen Osten unseres Landes zu vermitteln", so das Team.

In dem Film, der zum Großteil in Namibia spielt, ging es deshalb auch um die
"Schule der Freundschaft", ein in der deutsch-afrikanischen Geschichte wohl einmaliges Experiment. Sie wurde im September 1982 in Staßfurt bei Magdeburg eröffnet und ermöglichte 900 Kindern aus Mocambique sechs Jahre lang eine Schul- und Berufsausbildung. 1986 werden weitere Kinder aus Namibia aufgenommen, worauf auch der Film heute anspielte.

1987 beschloß das ZK der SED, die Schule als "internationalistisches Objekt der Volksbildung zur Unterstützung der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen aus national befreiten Staaten und Befreiungsbewegungen" weiterzuführen und plante den Lehrbetrieb bereits bis zum Jahr 2001. Daraus ist bekanntlich nichts geworden und die
"Schule der Freundschaft" in Staßfurt wurde wie so vieles in der DDR abgewickelt (weitere Infos zu dem Experiment im Video und in einer ausführlichen Studie)

Letztens bin ich auch auf das Weblog des SOKO Leipzig-Teams gestossen, das ebenfalls sehr viele interessante Infos zur Serie, den Dreharbeiten und den Protagonisten enthält. Leider war heute von Kriminalhauptkommissar Hajo Trautzschke, dem Chef der vierköpfigen Sonderkommision, nicht allzuviel zu sehen. Denn der Kriminalist, der schon bei der Volkspolizei ermittelt hat, ist eines der Vorbilder für meinen Kommisar Kurt Bratfisch im Rügen-Krimi "Aktion Störtebeker".

Der gebürtige Thüringer Andreas Schmidt-Schaller, der den SOKO-Leiter spielt, absolvierte seine Ausbildung an der Theaterhochschule "Hans Otto" in Leipzig und erhielt 1969 sein Diplom. Dem Fernsehpublikum wurde er seit 1983 vor allem durch seine Darstellung des Kommissars Grawe in der DDR-Reihe "Polizeiruf 110" bekannt. Nachdem die Serie unter neuen Vorzeichen 1993 in der ARD fortgesetzt wurde, kehrte auch Grawe - nun als Oberkommissar - auf den Bildschirm zurück. 1995 kam dann "Grawes letzter Fall". Aber jetzt spielt er ja den Hajo Trautzschke und erinnert immer wieder an die DDR-Vergangenheit.


05.01.09

Regionalkrimi: Der Mörder wohnt um die Ecke

Die ruhige Zeit "zwischen den Jahren" ist nun endgültig vorbei. Mit dem Manuskript zum Rügen-Krimi "Aktion Störtebeker" bin ich ein gutes Stück weiter gekommen. Aber längst noch nicht soweit, wie ich eigentlich wollte. Die nächsten Wochen werden also hart. Dafür hat sich "Die Welt am Sonntag" gestern zum Thema Regionalkrimi ausgelassen. In dem Artikel heißt es:
Die Leser können nicht genug davon kriegen; zur Zeit erscheinen jährlich 200 bis 250 neue Krimis, darunter immer mehr mit regionalen Bezügen, einige auch ohne übertriebene literarische Ambitionen. Es geht in diesen Büchern um die Story. Und um den Tatort - in der Nachbarschaft
"Keine übertriebenen literarischen Ambitionen"? Was soll das wohl bedeuten? Dass wohl ziemlich viel Schrott unter dem Logo "Regionalkrimi" angeboten wird. Übertrieben sind meine Ansprüche sicher nicht, aber lesbar sollte auch ein Kriminalroman mit regionalem Bezug sein. Die Handlung muss schlüssig sein und Spannung darf auch nicht fehlen.

"Ein völlig inhaltsleerer und dummer Text über Regionalkrimis
", wie der empörte Krimiblog findet. In der Tat macht es sich die Autorin mit ihrer Beschreibung des Genres etwas einfach:
Im Regionalkrimi wohnt der Mörder praktisch um die Ecke. So kann der Leser die Geschichten auf eine besondere Art mit- und nacherleben: Die Spielorte sind ihm persönlich vertraut, Täter und Opfer kommen gewissermaßen aus nächster Nähe. Der Ermittler ist einer von ihnen, man kennt ihn vom Stammtisch oder aus dem Kirchenchor. Dieser Wiedererkennungswert schafft Intimität, der Leser kann sich mit den Figuren im Buch identifizieren.
Allerdings - und das erlebe ich zur Zeit - ist es nicht so einfach, den Anspruch der literarischen Qualität und den regionalen Bezug unter einen Hut zu bekommen. Ich bin mal gespannt, was die Kritiker zu dem Ergebnis meiner Arbeit sagen werden. Aber dazu muss ich erst einmal das Manuskript fertig bekommen.