06.10.09

Der geheime Info-Krieg gegen die DDR

Schon wieder ist ein Zeitungstext aus dem Web verschwunden. Gestern abend war er wenigstens noch im Google-Cache zu finden. Heute ist selbst das nicht mehr möglich. Nur noch diese Meldung: The requested URL /article/politik/Der-geheime-Info-Krieg-gegen-die-DDR/54046 was not found on this server.

Was ist geschehen?

Unter der Überschrift "Der geheime Info-Krieg gegen die DDR" hat der Journalist Helmut Michelis in der Rheinischen Post einen Artikel zum Jubiläum "50 Jahre Operative Operation" geschrieben. Der Reserveoffizier, der sich kürzlich als "Embedded Journalist" an einer NATO-Bürgerkriegsübung beteiligte und schon mal sein eigenes Buch über die "Special Forces" der Bundeswehr in dem konservativen Blatt über den grünen Klee lobt, war sichtlich stolz, dass ihm gegenüber "die Medientruppe der Bundeswehr jetzt erstmals den Schleier der strengen Geheimhaltung über die Aktionen der 60er und 70er Jahre gelüftet hat". Offensichtlich ist er dann aber im Eifer des Gefechts etwas  zu weit gegangen, so dass die Spuren des Artikels im Web nun getilgt wurden

Unter anderem berichtete Michelis darüber, dass "westdeutsche Soldaten von Tarnadressen aus Tausende von aufklärenden Briefen an Parteifunktionäre, Gewerkschafter und Offiziere in der DDR schrieben." Besonders wird in dem Artikel von den "maritimen Operationen" der kalten Krieger geschwärmt. So habe ein Minensuchboot der Bundesmarine am 18. Juli 1962 26.000 Zeitungen in Klarsichtfolien vor die Ostseeküste der DDR gebracht, wo sie ans Ufer trieben. Oder ein U-Boot setzte vor den DDR-Badestränden Gummibälle mit der Aufschrift "Freiheit kennt keine Mauer" ab. Auch Sportflugzeuge, Raketen und Heißluftballone waren im Propaganda-Einsatz, um Flugblätter über die Grenze zu transportieren.

Das ist ja nun alles Schnee von gestern, der höchstens noch Historiker interessiert. Aber Autor Helmut Michelis hat zum Schluss seines verschwundenen Artikels selbst auf den aktuellen Bezug hingewiesen: Nach Ende der Ost-West-Konfrontation sei die Truppe in "Operative Information" (OpInfo) umgetauft worden und seit 1993 an fast allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. "In Afghanistan werden Zeitungen in den Sprachen Dari und Paschtu produziert", zitiert der Journalist den OpInfo-Kommandeur Oberst Wolfgang Richter. Man biete den örtlichen Fernsehanstalten Videobeiträge an und schalte auch Internet-Auftritt. Hoffentlich sind nicht solche Videos auf dem Mist der Psycho-Krieger in Uniform gewachsen? Denn deren technische Qualität ist manchmal schon sehr erstaunlich.

Die Rheinische Post ist übrigens nicht die einzige Zeitung, bei der sich Online-Artikel plötzlich in Luft auflösen oder sich zumindest im Laufe der Zeit stark verändern. Im Pottblog kann man das am Beispiel der WAZ-Berichterstattung über den Düsseldorfer Droste-Verlag, der einen etwas heiklen Krimi einer Bochumer Autorin kurz vor Drucklegung gestoppt hat, sehr schön nachvollziehen. Offensichtlich ist es nicht ganz so einfach, sämtliche Spuren im Web zu beseitigen.