06.09.08

Gottes Freund und aller Welt Feind

Glück gehabt. Schönstes Sommerwetter gestern Abend, der Regen auf Rügen kam erst Stunden später. Auch deshalb ein ungetrübtes Vergnügen auf der Naturbühne in Ralswiek. Die vorletzte Aufführung der diesjährigen Störtebeker-Festspiele war nahezu ausverkauft. Um was es in dem Stück "Der Seewolf" geht, hat die Nachwuchsbloggerin Katharina in ihrem Blogbeitrag hier sehr schön beschrieben. Kann ich mir also sparen. Wie immer das Motto der Vitalienbrüder: "Gottes Freund und aller Welt Feind".

Man merkte schon überall das bevorstehende Ende der Saison 2008. Etwa in dem Souvenierladen am Eingang, der die Flasche "Störtebeker Schwarzbier" für einen Euro verscherbelte. Alles muss raus! Apropo "Das Bier der Gerechten": Seitdem die Warsteiner Brauerei Sponsor der Festspiele ist, gibt es den Traditionstrunk auf dem Festspielgelände nicht mehr. Stattdessen "König Ludwig Dunkel" (gehört zum Warsteiner-Konzern). Ja, sind wir denn hier in Bayern? Schade, mir schmeckt das Dunkelbier von der Küste sehr gut.

Für die drei Skinheads, die mir auf dem Weg zur Naturbühne begegneten, war das offensichtlich egal. Hauptsache, es dröhnt. Die mit T-Shirts, auf denen zum Beispiel "Freie Kameradschaft Fichtenberg" und "Euer Galgen ist schon errichtet" stand, ausgestatteten Glatzköpfe scheinen auch auf Störtebeker abzufahren. Dabei wurde doch im Stück immer wieder das Thema "Gerechtigkeit" und "Gleichheit" angesprochen.

Also Werte, die der Ideologie und vor allem dem Handeln der Rechtsradikalen diametral entgegenstehen. Etwa wenn Mitglieder dieser "Freien Kameradschaft" wehrlose Ausländer feige überfallen. In meinem Regional-Krimi "Aktion Störtebeker" wird dieser Aspekt auch eine Rolle spielen. Denn schon in der Weimarer Republik haben die Nazis Klaus Störtebeker für sich zu vereinnahmen gesucht.

Ansonsten war das Spektakel gestern abend in Ralswiek beeindruckende Unterhaltung wie immer. Ich war schon drei- oder viermal bei den Festspielen und bin auch jetzt wieder begeistert. Vor allem der Einsatz der Bühnenbildner und der Feuerwerker war in diesem Jahr wieder phänomenal. Die Feuerwand am Strand - Klasse. Einziger Wermutstropfen (wie jedes Jahr): Der Balladengesang von Wolfgang Lippert. Nicht nur ich finde diese Darbietungen eher peinlich. Aber das ist Geschmacksache. "An einigen Tagen kommt tosender Beifall zu seinen Liedern, an anderen wiederum hört man richtig den verhaltenen Höflichkeitsapplaus", berichtete ein Beschäftigter in der Gastronomie auf dem Gelände. Gestern war wohl eher die letztere Variante.

Standing Ovations dagegen für das Abschlußfeuerwerk über dem Großen Jasmunder Bodden und den Störtebeker-Darsteller Sascha Gluth. Auch wenn heute Abend erst die letzte Vorstellung für dieses Jahr ist, zieht die Leitung der Festspiele für 2008 eine positive Bilanz: Neuer Rekord mit 370.000 Besuchern.

Dank des Einsatzes der Pressestelle hatte ich einen schönen Platz relativ weit vorne an der Bühne und kam so auch schnell vom Gelände herunter, so dass diesmal sogar der obligatorische Stau auf der B96 für mich ausfiel. Jetzt muss ich nur noch die Szene zu den Störtebeker-Festspielen in meinem Buch weiter ausmalen und zu Papier bringen - ohne die Details des Programms vom nächstem Jahr zu kennen. Eine echte Herausforderung.