31.03.09

Vorpommern-Thriller im ZDF: Etwas mehr Stralsund bitte

Nun ja, Attribute wie "CSI Stralsund" oder "Vorpommern-Thriller" (so die taz) sind für "Stralsund - Mörderische Verfolgung" vielleicht etwas übertrieben. Aber ansonsten war der ZDF-Montagsfilm nicht ganz so schlimm wie vorher befürchtet. Natürlich: Polizeiarbeit im Nordosten der Republik sieht in der Realität anders aus. Aber ein Unterhaltungsfilm soll - ebenso wie ein Regionalkrimi - kein 1:1-Abbild der Wirklichkeit sein. Trotzdem schade, dass außer dem Showdown am Bodden und ein paar mehr oder weniger sinnvolle Überquerungen der neuen Rügen-Brücke sehr wenig von der Hansestadt zu sehen war. Der Berliner Tagesspiegel kritisiert zu recht:

"Der hochklassige Krimi mit Katharina Wackernagel, Bernadette Heerwagen und Harald Schrott zeigt von dem ins Weltkulturerbe aufgenommenen Städtchen nicht viel mehr als ein Gewerbegebiet, das auch sonstwo stehen könnte. Hin und wieder schwenkt die Kamera zur neuen Rügenbrücke hinüber, und am Ende, als es tatsächlich noch zu einer Verfolgung kommt, führt die Geschichte immerhin in die Natur am Stadtrand. Die prächtige Altstadt bleibt dagegen außen vor – rätselhaft, warum das ZDF dennoch die Zuschauer mit einem gewissermaßen touristischen Hinweis im Titel lockt."
Die WELT stößt in ein ähnliches Horn:

"Was so gut wie keine Rolle spielt, ist die adrette Hansestadt, deren Namen der Film doch so verführerisch im Titel führt: Statt architektonischer Attraktionen, von der neuen Rügenbrücke mal abgesehen, tauchen lediglich ein paar anonyme Betonbauten, verrottete DDR-Liegenschaften sowie die Stralsunder Kanalisation auf. Okay, es ist ja auch keine Auftragsarbeit fürs Fremdenverkehrsamt. "
Und weiter:
"Vorpommern ist wunderbar. Für Pensionäre. Und Urlauber ohnehin. Zum Geldverdienen aber eher nicht. Es ist der ärmste Landstrich Deutschlands und wohl auch der langsamste. Abseits der Küste herrscht Mangel an Kapital und Geschwindigkeit. Womöglich hat es das Fernsehen deshalb kaum je gewagt, in der Gegend telegene Kapitalverbrechen abzudrehen. Vorpommern klebt auf der Landkarte des Fernsehkrimis als weißer Fleck an der polnischen Grenze. Doch vielleicht nur noch bis heute Abend: Denn dann beginnt im ZDF etwas, was man sich beim Sender – Publikumsinteresse vorausgesetzt – als Auftakt zu einer Krimi-Reihe aus dem fernen Osten der Republik vorstellen kann."
Über Einschaltquoten habe ich noch nichts gehört, aber mir soll es recht sein. Wenn der ZDF-Thriller das Interesse auf den "fernen Osten der Republik" lenkt, ist das für meinen Rügen-Krimi "Aktion Störtebeker" nur gut. Denn schließlich hat Kommissar Bratfisch sein Stralsunder Büro in einem seit zwanzig Jahren kaum veränderten Plattenbau der DDR-Transportpolizei. Wie in der Realität.