Ich bin erst heute dazu gekommen, über meine Gespräche auf der Leipziger Buchmesse intensiver nachzudenken. Doch schon seit Donnerstag nagen an mir die Zweifel: Braucht die Welt angesichts dieser Unmengen von Neuerscheinungen auch noch meinen Rügen-Krimi? Muss ich mir jetzt wirklich die Hacken ablaufen, um einen Verlag zu finden? Andererseits: Ein Großteil der Arbeit ist bereits getan, das Manuskript in der ersten Fassung fertig. Und mit Absagen kann ich - dank einer intensiven Diskussion im Montsegur-Autorenforum - inzwischen auch umgehen. Denn es trifft nicht nur mich. "Von den eingereichten Manuskripten veröffentlichen wir knapp ein Prozent und damit liegen wir noch deutlich über dem Branchenschnitt", habe ich auf der Buchmesse in Leipzig gehört. Schöne Aussichten.
Dazu kommen die Zweifel am Ergebnis meiner Arbeit. Funktioniert zum Beispiel die Idee, allgemeine politische Fragen unter ein gemeinsames Dach mit einem Regionalkrimi zu stecken? Bringe ich nicht viel zu viele Fakten auf den knapp 300 Seiten unter, so dass die Handlung auf der Strecke bleibt? Und ist die Überlegung, dass der ermittelnde Kommissar Mitglied bei der LINKEN ist, wirklich so gut? Ich halte dieses Novum in der deutschen Krimilandschaft ja für ein Differenzierungsmerkmal und deshalb für verkaufsfördernd. Aber die Vertriebsfrau eines Krimiverlages, mit der ich in Leipzig gesprochen habe, findet das zu polarisierend und Teile der potenziellen Leserschaft ausgrenzend.
Eine Verlegerin stellte mir auch die Frage: "Gehört der Kommissar nun zu den Bösen oder zu den Guten?" Ich konnte sie beruhigen: Kommissar Kurt Bratfisch war zwar SED-Mitglied, eckte aber schon in der DDR öfters mit Karrieristen und Paragraphenreitern an. Und das ist auch nach der Wende so geblieben. Er gehört also eindeutig zu den "Guten", zumindest aus meiner Sicht.
Ich habe auf der Buchmesse mit Leuten aus ganz unterschiedlichen Verlagen gesprochen. Die etablierten Herausgeber von Regionalkrimis haben natürlich ihre Vorteile: Einen Vertriebsapparat, der die Bücher in den Handel bringt. Kontakte zu den Rezensenten in den Medien. Marketingleute, die (vielleicht) die Werbetrommel rühren. Übliche "faire" Verträge. Und vor allem ein Lektorat, dass sich mit der Materie auskennt, sich aber auch (wie manche Kollegen in Leipzig lauthals klagten) ganz schön in die Arbeit des Autors einmischt.
Demgegenüber stehen die Klein- und Kleinstverlage auf diesem Gebiet. "Marketing für Ihr Buch können wir nicht machen, dass ist viel zu teuer", sagte mir ganz offen eine Mitarbeiterin eines solchen Verlages. Um den Verkauf meiner Bücher müsse ich mich in erster Linie selbst kümmern. Andererseits bieten solche Verlage teilweise aber auch deutlich bessere Konditionen - etwa einen Anteil von 30 bis 40 Prozent am Ladenpreis, wenn man die Druckwerke selbst verkauft - etwa auf Lesungen oder im eigenen Online-Shop.
Schwierige Frage, welcher Weg nun der richtige ist? Wenn man überhaupt selbst entscheiden kann. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Für mich persönlich wichtig ist vor allem das Lektorat und ob der Verlag einen Draht zum Buchhandel - vor allem in der Ostseeregion - hat. Und er muss das Buch schnell realisieren können - bis zur Feriensaison im Sommer und rechtzeitig vor der Bundestagswahl. Ich habe in der letzten Woche eine Menge Steine ins Wasser geworfen und werde nach Abschluss der Messe einigen Verlagen nun das komplette Manuskript zum Lesen schicken. Auf das Echo bin ich schon sehr gespannt.
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