18.10.09

Gotteskrieger mit Nummernschild und Sparkassenkonto

Nun haben wir schon wieder einen Sonntag im Oktober und eigentlich müsste heute - wenn man den Ankündigungen in diversen Drohvideos Glauben schenken darf - der große Terroranschlag in Deutschland passieren. Schließlich ist der Teufel lange genug an die Wand gemalt worden. Aber vermutlich ist es so, wie die Financial Times Deutschland am Freitag geschrieben hat:

Zurück bleibt eine reichlich verwirrte Öffentlichkeit. Ist Deutschland in den letzten Wochen nun knapp einem Anschlag entgangen? Wie ernst war die Gefahr? Oder sind die vielen Videos nicht ernst zu nehmen? So richtig aus der Deckung traut sich derzeit keine Behörde. Zu groß ist die Sorge, dass noch etwas passieren könnte. Doch es zeichnet sich ab, dass es keine direkte Bedrohung gegeben hat. Ein konkreter Anschlagsplan ist auch heute nicht bekannt. In einer vorläufigen Bilanz sprechen Sicherheitskreise eher von einer "Medienoffensive" durch al-Kaida und befreundete Gruppen. Einen greifbaren Effekt auf deutsche Terrorschläfer haben die Drohvideos anscheinend nicht gehabt.
Und in der Süddeutschen Zeitung war zu lesen:

Vieles deutet darauf hin, dass die Terrororganisation nicht mehr so stark wie früher ist und mittlerweile Probleme hat, Gotteskrieger zu rekrutieren. In Deutschland ist das Netzwerk der potentiellen Dschihadisten bis in die kleineren Knoten den Behörden bekannt.Möglicherweise also war das Video vom 18. September nur von oben verordnete Stimmungsmache.
Auf eine Merkwürdigkeit im Zusammenhang mit einem der Drohvideos weist das Blog "Ruhrbarone" hin:
Ich hab gerade einen Terrorfilm im Internet gesehen. Das Stück ist seit ein paar Tagen oben. Angebliche Gotteskrieger aus Deutschland schwadronieren da über den heiligen Krieg und versuchen Leute in Deutschland anzuwerben.Ich fand den 55 Minuten-Streifen echt zäh und nur mit Vorspulmechanik zu ertragen. Da singen die ganze Zeit kehlige Brüder irgendeinen Unsinn. „Murarabaabahahaha“ und dann knallt was. Mündungsfeuer. Dazwischen erzählen zwei Vögel aus Bonn und Hamburg irgendeinen Quatsch von Gotteskrieg mach frei und dem Propheten, dem man folgen soll. Präsentiert von „Jundullah“.Ich weiß nicht, ob das eine echte Terrornummer ist. Irgendwie kann ich das nicht glauben. Da fährt zum Beispiel ein Wagen mit den schwerbewaffneten Gotteskriegern durch irgendeine Pampa. Keine Ahnung wo. Afghanistan oder Pakistan oder Sonstwostan. Und der Pick-Up hat doch tatsächlich Nummernschilder. Kein Scheiß. Da kann sogar ich mit ein wenig Mühe den Halter ausfindig machen. Kann sein, dass die Kennzeichen geklaut sind. Oder nicht mehr gültig. Komisch ist es trotzdem. Das sieht aus wie Geländespiele von bärtigen Komikern.
Zu dieser Merkwürdigkeit passt dann auch eine Meldung von gestern in der "Welt" über einen Spendenaufruf der Gotteskrieger:

“Das Geld wird ausschließlich auf dem Weg Allahs verwendet”, verkünden die Macher eines jüngst im Internet aufgetauchten Spendenaufrufs. Wer spenden wolle, der solle als Verwendungszweck „4ALLAH“ angeben. In Form eines deutschsprachigen Videos erschien der ungewöhnlich direkte und offene Spendenaufruf an deutschsprachige Muslime. „Auf dass Allahs Wort zum höchsten und die Religion ihm einzig allein gerichtet sein werde”, heißt es da. Zu sehen ist ein Standbild, eingeblendet eine deutsche Bankverbindung der “Nord-Ostsee Sparkasse”. Dazu gibt es auch den Identifizierungscode der Bank (BIC) und die international standardisierte Notation für Bankkonto-Nummern, kurz IBAN-Code. Im düsteren Hintergrund eingearbeitet sind die Silhouetten arabischer Reiter vor dem islamischen Glaubensbekenntnis. Der Name des Kontoinhabers, so ist zu lesen, sei nur auf Nachfrage erhältlich. Als Kontakt wird eine kanadische Handynummer angegeben, die jedoch nicht erreichbar zu sein scheint.
Irgendwie werden diese Sachen immer absurder. So etwas kann sich nicht einmal ein Krimiautor in seiner blühendsten Phantasie ausdenken. Da kann ich mich nur diesem Kommentar in telepolis anschließen:
In Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise die Terrorgefahr so akut, aber natürlich nicht bedenklich, nur zur Vorsicht mahnend, aber doch nicht Panik verursachend, dass die Polizei nun die Maschinenpistolen von den Waffenkammern der Polizei in die Streifenwagen verlegen kann. Natürlich nur temporär - wie die ganze Terrorgefahr halt so ist. Das Ganze ist eine Antwort auf die Terroranschlagswarnungsvideos. Wenn ich nun ein polizeilicher Waffennarr wäre, würde ich wohl die hier anheuern: für neue Videos.