29.10.09

Auch der Westen hat(te) seine Untergrundarmee

Die Aufregung über die "Gruppe Ralf Forster" und diverse DDR-Spezialeinheiten, die während des Kalten Krieges zwischen Ost und West hinter den "feindlichen Linien" eingesetzt werden sollten, ist aktuell wieder einmal sehr groß. Darüber gibt es inzwischen ja auch eine Menge Informationen, weil die Archive von Staatssicherheit, SED und NVA heute offen sind. Was man von denen auf westlicher Seite nicht behaupten kann.

Und so sind die Fakten über die NATO-Geheimarmeen - unter dem Namen "Gladio" oder "Stay behind" Anfang der 50er Jahre aufgestellt - immer noch mehr als spärlich. Noch viel weniger weiß man über die Verstrickung von Angehörigen dieser Organisationen, die vom US-Geheimdienst CIA in allen westeuropäischen NATO-Staaten aufgebaut wurden, in terroristische Aktivitäten. Wie beispielsweise in das Attentat auf das Münchner Oktoberfest im Jahr 1980.

Der Schweizer Friedensforscher und Historiker Dr. Daniele Ganser, traditionell zur Neutralität verpflichtet, beschäftigt sich schon länger mit den westlichen Untergrundarmeen und hat bereits einige interessante Einzelheiten an Licht gebracht. In seinem im vergangenen Jahr erschienenen Buch
"NATO Geheimarmeen in Europa -
Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung"
ist darüber einiges zu lesen. Im Klappentext heißt es u.a.:

Die in diesem Buch erstmals dargelegte internationale Geschichte der NATO Geheimarmeen, im Fachjargon als „stay-behind“ Armeen bezeichnet, wird in der historischen Forschung erst langsam wieder neu aufgerollt und ist heute noch weiten Kreisen unbekannt. Es geht dabei um antikommunistische verdeckte Einheiten, welche nach dem Zweiten Weltkrieg von CIA und MI6 aufgebaut wurden und sich darauf vorbereiteten, im Falle einer sowjetischen Invasion von Westeuropa hinter den feindlichen Linien als Guerilla zu kämpfen um die besetzten Länder wieder zu befreien.
Als die italienische Geheimarmee unter dem Namen „Gladio“ im Jahre 1990 vom italienischen Premierminister Giulio Andreotti enttarnt wurde, folgte die Entdeckung von ähnlichen bewaffneten Netzwerken in Frankreich, Deutschland, Griechenland, Holland, Belgien, Spanien, Portugal, Norwegen, Luxemburg, Dänemark, Österreich, Finnland, Schweden und der Schweiz. Die wenigen Daten zu den geheimen Armeen, welche heute verschiedenen Parlamentariern, Richtern, Journalisten und Akademikern zugänglich sind, zeigen, dass die Geheimarmeen in einigen Ländern auf die sowjetische Invasion warteten, während sie in anderen Ländern den inneren politischen Feind bekämpften und in schwere Verbrechen verwickelt waren.
Mitte September hielt Dr. Daniele Ganser zu diesem Thema eine zweistündige Vorlesung an der Uni Basel, die nun auch als Video vorliegt. Schön unterteilt in kleine Häppchen und sehr zu empfehlen.