"Wir wollten im Koloss von Prora die dunkle Geschichte und Architektur der Nationalsozialisten mit der Leichtigkeit und Fröhlichkeit weiblicher Fotomodelle inszenieren". Klaus Ender, einer der bekanntesten Akt-Fotografen der DDR und - mit Unterbrechungen - seit 1962 auf der Insel Rügen lebend, sieht in der Aktion immerhin einen "Nachdenk-Anschub".
Deshalb ein kleiner Einschub zur Biographie dieses großen Foto-Künstlers, die das Auf und Ab der DDR-Kulturpolitik sehr deutlich widerspiegelt:
Als Sohn eines Österreichers und einer deutschen Mutter 1939 in Berlin geboren, zog er 1962 als 23-jähriger, leidenschaftlicher Fotoamateur auf die Insel Rügen und verliebte sich in diese. Er war der einzige DDR-Amateur, der es schaffte, in wichtigen Zeitschriften wie Das Magazin und Eulenspiegel zu publizieren und dann sein Hobby zum Beruf zu machen. Am 10. Mai 1966 begann er in Binz seine Tätigkeit als freischaffender Akt- und Landschafts-Fotograf. In wenigen Jahren gehörte er zur Spitze der DDR-Fotografen und publizierte in über 50 Verlagen. 1972 verließ er Rügen, weil der politische Druck zu groß wurde, und zog nach Potsdam. Drei Jahre später rief er die erfolgreichste Ausstellung der DDR "Akt & Landschaft" ins Leben, die zum Leistungsvergleich der DDR-Fotografen und später zum gesamtdeutschen Wettbewerb wurde. 1981 verließ Ender die DDR und übersiedelte nach Österreich, wo er mittellos bei Null anfing. Gleichzeitig war dies aber auch der Startschuss für eine internationale Karriere. Aus über 600 Seiten Stasi-Akten und den Recherchen einer britischen Wissenschaftlerin erfuhr er nach der Wende, dass man ihn in seiner Abwesenheit zur „Persona non Grata“ erklärt hatte. Alle von ihm handelnden Veröffentlichungen im Staatsarchiv und dem Landesarchiv Brandenburg wurden getilgt, die Bezirkskommission Potsdam zum Gründer von Akt & Landschaft gemacht. 1996 ging Klaus Ender wieder zurück auf seine geliebte Insel, wo er heute mit seiner Frau eine Foto-Galerie betreibt, weiter eifrig fotografiert und sich auch mit den Schattenseiten der Insel beschäftigt.
Auf diese ganze Geschichte bin ich eigentlich nur gekommen, weil mir beim Eintippen einer Internetadresse ein Fehler unterlaufen ist: Statt www.colorbeach.com (die Verhüllungsaktion) habe ich www.colourbeach.com eingegeben und bin so bei den Nackten in den ehemaligen NVA-Kasernen gelandet. Schön clever von den Proradise-Machern, die auf der Welle der geplanten größten Freiluft-Galerie der Welt mitschwimmen wollen. Die bisher gegen alle Abrißversuche resistenten Stahlbetonbauten am schönsten Strand von Rügen scheinen sich also wachsender Beliebtheit zu erfreuen. Vielleicht kommt das auch meinem Regional-Krimi "Aktion Störtebeker" zu Gute, in dem Prora ja eine zentrale Rolle spielt.
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