Es war schon sehr beeindruckend, wie Barak Obama heute zusammen mit zwei ehemaligen Häftlingen in der Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald der Opfer des Nazi-Terrors gedachte. Und gleichzeitig beschämend für die deutsche Bundeskanzlerin, dass sie erst der ausdrückliche Wunsch des US-Präsidenten dazu gebracht hat, ihren Fuß in eines der ehemaligen Konzentrationslager zu setzen und zaghaft an die Verbrechen der NS-Zeit zu erinnern.
Etwas untergegangen im Rummel um Obamas Großonkel Charlie Payne, der als Angehöriger der 89. Infanteriedivision der 3. US-Armee das Außenlager Ohrdruf mit befreien half, ist heute die Selbstbefreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945 durch bewaffnete Häftlinge unter Führung des Internationalen Lagerkomitees. Nur wenige Medien erwähnen diese Tatsache.
Für die FAZ ist die mutige Aktion der ausgemergelten und geschwächten Häftlinge, die sich nicht einfach ihrem Schicksal ergeben haben, sogar nur ein "Mythos von der Selbstbefreiung Buchenwalds durch das kommunistische Lagerkomitee, auf den sich wiederum das Selbstverständnis des SED-Staates gründete." Und in einem anderen Artikel wird gelästert: "Buchenwald wurde zur Nationalen Gedenkstätte mit pseudo-religiösen Symbolen und pseudo-religiöser Aura, die für Generationen von Jugendlichen in der DDR zu einem sozialistischen Wallfahrtsort wurde. Das Mahnmal mit der Plastik bewaffneter, siegender Häftlinge erhebt sich, triumphierend über Leid und Tod, wie eine Kreuzigungsszene über Weimar."
In meinem Politthriller "Aktion Störtebeker" kommt ganz kurz auch Ernst Haberland vor. Der Schriftsteller Bruno Apitz ("Nackt unter Wölfen") nannte ihn den "Pelerinenmann", weil Haberland im KZ Buchenwald unter seiner Pelerine einen Karabiner zur Ausbildung in die Gruppe der illegalen Militärorganisation trug. Unter den Augen der SS schaffte er die Waffe durch das Lager und half damit den bewaffneten Aufstand der Häftlinge vorzubereiten.
Bei der Selbstbefreiung durchbrach er mit polnischen und jugoslawischen Häftlingen den Lagerzaun und nahm Verbindung zu den amerikanischen Truppen auf. Nach der Befreiung war er als Funktionär der KPD im Ruhrgebiet tätig und siedelte 1955 in die DDR über. Ab 1957 ging er als Offizier in die NVA, baute in Prora deren Fallschirmjägertruppe mit auf und engagierte sich auch noch an verschiedenen anderen Frontabschnitten des Kalten Krieges. Um was es dabei genau ging, ist bald in "Aktion Störtebeker" zu lesen.
Obama hat heute immerhin den Widerstand im Lager erwähnt und über den Latrinenbau geredet, in dem sich die illegalen Kämpfer zur Vorbereitung ihrer Aktion getroffen haben. Und er zitierte eine Strophe des Buchenwald-Liedes: "Oh Buchenwald, wir jammern nicht und klagen, und was auch unsre Zukunft sei - wir wollen trotzdem ja zum Leben sagen, denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei!" Ein bewegender Moment. Hoffentlich ist auch bei Angela Merkel etwas davon hängengeblieben.
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