26.09.08

Islamistische Terrorzelle vom Geheimdienst erfunden?

Seit gestern werben nicht nur Fahndungsplakate für den neuen RAF-Film in den Kinos, auch im realen Leben tauchen plötzlich wieder Steckbriefe im Straßenbild auf. Gesucht werden die zwei deutschen Staatsbürger Eric Breininger und Houssain al Malla, die als Dschihadisten eine militärische Ausbildung in Pakistan absolviert haben sollen und womöglich gerade einen Terroranschlag irgendwo in Deutschland vorbereiten.

Da in meinem Rügenkrimi "Aktion Störtebeker" auch islamistische Attentäter für den Anschlag auf die neue Rügen-Brücke in Frage kommen und das Bundeskriminalamt (im Buch) ganz massiv in diese Richtung ermitteln wird, beschäftige ich mich natürlich mit diesem Thema intensiv. Und stoße auf Widersprüche.


Hinter den beiden Gesuchten soll - wie übrigens auch hinter der im letzten Jahr verhafteten "Sauerland-Terrorzelle" die Islamische Dschihad Union (IJU) stecken. In einer "Analyse" schreibt die Süddeutsche Zeitung heute zu diesem Thema: 

"Gemeinsam zogen sie ins Grenzland zwischen Afghanistan und Pakistan, wo das Räderwerk des Terrors ineinandergreift. Dort agiert die IJU, der zwischen 100 und 300 Kämpfer zugerechnet werden - sie gilt als eine der zahlreichen Filialen von El Kaida. Ursprünglich auf nationale Terrorziele in Usbekistan ausgerichtet, hat sie sich dem internationalen Dschihad verschrieben und dazu wohl einen Pakt mit El Kaida geschlossen: El Kaida liefert Knowhow und vermutlich auch Geld; im Gegenzug schwört die IJU den Treueeid auf Osama bin Laden und übernimmt Terroraufträge".

Das kann man so oder ähnlich heute überall lesen. Und wo steckt der Widerspruch? Gestern abend hat das TV-Magazin "Monitor" einen Beitrag gesendet, in dem die Existenz der IJU als ein "Phantom" in Frage gestellt wird. Ein Zeuge dafür ist Benno Köpfer, Leiter der Forschungsgruppe für islamistischen Terrorismus beim baden-württembergischen Verfassungsschutz. Der hat "erhebliche Zweifel", ob diese Vereinigung überhaupt existiert. Weder die Anschläge, die ihr in Usbekistan zugeschrieben werden, noch Bekennerschreiben für versuchte Anschläge in Deutschland sind für ihn glaubhaft. Die Website der IJU wirke fast wie ein "djihadistischer Hoax", ein Schwindel, die ganze Gruppe wolle offenbar mehr Schein als Sein erzeugen.

Auch Craig Murray, ehemaliger britischer Botschafter in Usbekistan vertritt nicht die Mainstream-Position:

"Ich persönlich glaube, dass die Islamische Jihad Union höchstwahrscheinlich von den usbekischen Geheimdiensten erschaffen wurde. Entweder dadurch, dass sie Anschläge wie in Taschkent selbst inszeniert haben oder indem Agents Provocateur naive Menschen dazu verleitet haben, Terroranschläge zu verüben."
Und gestern bestätigte ein usbekischer Geheimdienstoffizier vor der Kamera diese Vermutung: Die Islamische Jihad Union, die erstmals im Jahr 2004 mit Anschlägen in Erscheinung trat, sei damals vom usbekischen Geheimdienst SNB ins Leben gerufen worden. Den IJU-Anschlag im Frühjahr 2004 in der Hauptstadt Taschkent habe der SNB selbst organisiert.

Ein ziemliches Verwirrspiel, in dem auch noch der US-Geheimdienst CIA mitmischt. Wem soll man glauben? Es wäre nicht das erste Mal, dass Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft auf eine Erfindung der Amerikaner reinfallen, wenn sie jetzt per Großfahndung Jagd auf IJU-Dschihadisten machen. Wie gut, dass ich keinen Tatsachenroman schreibe, sondern meiner Phantasie freien Lauf lassen kann.


Mehr dazu auch hier und hier.