17.04.09

Soll ich mein Buch im Internet verschenken?

Der Leipziger Verlagsberater Leander Wattig wagt in einem Blog-Beitrag ein paar nahezu revolutionäre Thesen über die künftige Entwicklung des Buchmarktes. Unter anderem diese hier:
Wenn ich mich also in den jungen Autor der digitalen Medienwelt hineindenke, würde ich immer annehmen, dass er nichts zu verkaufen versucht, was im Überfluss vorhanden ist. Er wird das im Überfluss Vorhandene eher für seine Ziele, d.h. den Aufbau einer maximalen Reichweite, nutzen wollen. Daher wäre meine Vermutung, dass der junge Autor sein Manuskript in diesem Falle an potenziell jeden im Internet schicken wollen wird. Er würde das freie Kopieren seiner Inhalte nicht nur zulassen, sondern sogar befördern. Er würde die Tauschbörsen als Marketingplattformen begreifen.
Doch wovon sollte der Autor leben, wenn er seine Inhalte verschenkte? Zunächst einmal müsste er in Vorleistung gehen und für eben diese Inhalte möglichst viele echte Fans gewinnen. Hätte er das dank der maximierten Reichweite geschafft, könnte er nun versuchen, diesen Fans Dinge zu verkaufen, die im Gegensatz zu Inhaltekopien nach wie vor knapp sind. Denkbare Möglichkeiten wären hier u.a.:
  • Zeit und Aufmerksamkeit: Teilnahmegebühren für Live-Auftritte, Lesungen u.ä.
  • Spezialausgaben der Inhalte: Geschenk- und Prachtausgaben, personalisierte Ausgaben, andere Arten der Fixierung der Inhalte
  • Zugang zum Autor: Mitgliedschaft in Gruppen, Communities u.ä.
  • Merchandising: Verkauf physischer Produkte rund um die Marken des Autors und/oder die seiner Inhalte
  • Freiwillige Zahlungen, um Autor künftig Inhalteerstellung zu ermöglichen
Als betroffener "junger Autor" auf der Suche nach einem Verlag für meinen Regional-Krimi "Aktion Störtebeker" gehen mir da einige Sachen durch den Kopf. Reich werde ich vermutlich mit meinem Erstlingswerk - so es denn jemals gedruckt werden wird - sicher auch im herkömmlichen Verlagssystem nicht. Aber soll ich die "Früchte meiner Arbeit" deshalb gleich verschenken? Die von Leander angedachten anderen Refinanzierungsvorschläge für meinen Aufwand beim Verfassen des Buches - z.B. Lesungen, Merchandising, Special Editions, kostenpflichtige Exklusiv-Infos, Spenden der begeisterten Leser - sehe ich für mich als unbekannten Autor nicht wirklich. Das mag vielleicht bei einem Bestseller-Schreiber funktionieren, aber der braucht auch nicht unbedingt die Promotion im Internet.

Mit einem Großteil der Ideen von Leander Wattig bezüglich der Bedeutung von Reichweite bin ich einverstanden, nur vor seiner Konsequenz schrecke ich noch etwas zurück. Umfangreiche Leseproben im Netz und den Roman als kostengünstigeres E-Book zum Download anbieten - damit habe ich keine Probleme. Doch alles Verschenken? Das ist auch eine Geringschätzung meiner Leistung als Autor. Und leben will ich ja schließlich auch von irgendwas.

Soweit bin ich also noch nicht. Aber vielleicht braucht es heute Leute wie Leander Wattig, die weiter denken und das bisher Unvorstellbare aussprechen:

Was würde all das für Medienunternehmen bedeuten? Möglicherweise, dass die Inhalte, welche sie bisher verkauft haben, zunehmend zu einer Art Werbemittel werden.