Ein interessantes Experiment ist der Online-Roman SENGHOR ON THE ROCKS von Christoph Benda, der mittlerweile schon seit einem halben Jahr kostenlos im Netz zu lesen ist. Denn erstmals wurden hier alle Handlungselemente eines literarischen Textes mit geografischen und zeitlichen Koordinaten versehen und so im chronologischen Verlauf auf einer Karte darstellbar gemacht. Im Begleittext heißt es dazu:
Auf Basis von Google Maps wird parallel zu jeder Szene des Textes deren Handlungsort als exakte geografische Position bzw. jede Bewegung als animierte „Fahrt“ auf der Karte dargestellt. Der Leser des virtuellen Buches erlebt die geschilderte Handlung als „Reise über die Landkarte“ und gewinnt über diese visuelle Ebene einen völlig neuen Zugang zum Text. Die Umsetzung als „book-a-like“ kommt trotz der innovativen Präsentation vertrauten Lesegewohnheiten entgegen – der Seitenspiegel bietet eine gut lesbare Textmenge pro Seite, jeder Textseite steht eine Kartenseite gegenüber, ein Lesezeichen ermöglicht, nach einer Pause seitengenau wieder in den Text einzusteigen. SENGHOR ON THE ROCKS kann mit allen gängigen Browsern und auch mit dem iPhone als mobile Applikation abgerufen werden.Da ja die Protagonisten in meinem Regional-Krimi "Aktion Störtebeker" auch ständig auf der Insel Rügen, in Stralsund und Schwerin-Laage unterwegs sind, würde sich so etwas vielleicht auch anbieten. Allerdings nicht im Buch selbst, das ja ganz traditionell gedruckt werden soll, sondern zur Begleitung im Web. Denn Spiegel online hat sehr schön die Schwachstelle dieser Idee beschrieben:
Das Resultat ist schön anzusehen - und das ist vielleicht auch der Haken an der Sache. Statt sich in den Text zu vertiefen, neigt man dazu, zunächst einmal Seite für Seite voranzuklicken. Das macht Spaß, weil der Cursor sich dabei wie von Geisterhand gezogen über die Karte bewegt, von Ort zu Ort wandert. Erst im zweiten Anlauf schafft man es, sich auch ein wenig mit dem Text zu befassen. Man will ja auch wissen, weshalb das Buch ausgerechnet am Place de l'Independance in Dakar beginnt.Dann aber ist Disziplin notwendig, um wirklich weiterzulesen. Zu einen, weil man zwischendurch gerne mal in den eingeblendeten Google-Satellitenbildern herumstöbert, schaut, was es in der Umgebung der Handlung noch zu sehen gibt. Zum anderen, weil es nicht jedermanns Sache ist, ganze Bücher am Bildschirm zu konsumieren. Eine E-Book-Version, beispielsweise fürs iPhone, wäre da schon Alltagstauglicher.
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