28.06.09

Letzter Polizeiruf 110 aus Schwerin: Wurde Kommissar Hinrichs weggemobbt?

Als im Januar 1994 der Kabarettist Uwe Steimle als Kommissar Hinrichs in der Folge „Bullerjahn“ seinen ersten Auftritt hatte, fand ich das irgendwie typisch für diese Zeit: Der altgediente DDR-Volkspolizist Kurth Groth (Kurt Böwe) bekam einen neuen jungen dynamischen, besserwisserischen Vorgesetzten vor die Nase gesetzt. Zwar keinen "Wessi", sondern "nur" einen Sachsen. Aber das ist im Nordosten der Republik fast genauso schlimm. Es prallten Welten aufeinander: Hier der norddeutsche Sturkopf Groth, der auch nach der Wende immer noch mit dem DDR-Einkaufsbeutel aus Dederon unterwegs war. Da der blonde Jüngling mit seinen frisch erworbenen Kenntnissen aus der Polizeischule.

Kurt Böwe - so seine eigene Aussage - wollte immer einen Kommissar spielen, der  in der DDR etwas geleistet hatte und der aus Überzeugung SED-Mitglied gewesen war. Für den  Schauspieler am Deutschen Theater in Berlin schien das „aus Überzeugung“ wie eine Rechtfertigung und Lebensläufe auch solcher Leute verteidigenswert. Für mich war der bedächtige Bauerndickschädel, der sich durch die neuartigen Ermittlungsmethoden seines jungen Kollegen nicht aus der Ruhe bringen ließ, ein Vorbild für meinen Kommissar Bratfisch in "Aktion Störtebeker". Mit dem sächselnden Blondschopf und Hobby-Vogelkundler wurde ich dagegen lange nicht richtig warm.

Als Kurt Böwe dann im Juni 2000 starb, stand Uwe Steimle alleine da und bekam dann doch wechselnde Kollegen aus dem Westen. Plötzlich war er der einzige Ossi im Schweriner Polizeiruf-Ermittlerteam. Damit ist es nun auch vorbei. Heute abend läuft die letzte Folge der beliebten Serie, dann wird der MeckPom-Polizeiruf Ende des Jahres nach Rostock umziehen. Mit einem rein westdeutschen Ermittlerteam ( (u.a. der Elmshornerin Anneke Kim Sarnau). Vielleicht hat sich der Ost-West-Gegensatz im Polizeidienst der neuen Bundesländer ja inzwischen tatsächlich überlebt. 


Uwe Steimle jedenfalls ist überzeugt, dass er aus politischen Gründen und wegen Aufmüpfigkeit als Fernsehkommissar abgelöst wurde. Er habe für die Linke Peter Sodann als Bundespräsident mitgewählt und sich oft über den „Polizeiruf“ beschwert. Die Krimi-Reihe sei politisch nicht gewollt und deshalb schlecht gemacht. Im Gegensatz zum „Tatort“ werde der „Polizeiruf“ mies plaziert und kaum beworben; Drehbücher kämen zu spät, Drehzeiten würden verkürzt, und weder Produzenten noch Autoren interessierten sich für die soziale Wirklichkeit im Osten.


Was an diesen Vorwürfen dran ist, kann ich nicht beurteilen. Steimles Fehden mit dem NDR sind auf jeden Fall legendär. Aber er bleibt uns ja - wenn auch nicht als Kommissar - weiter erhalten. Als Günther Zieschong, jenem wendegeschädigten, rechthaberischen Ex-DDR-Brigadier aus Sachsen, den Steimle Anfang der neunziger Jahre erfand und den er seitdem im Fernsehen und auf der Bühne so brillant wie erfolgreich spielt.